Der Trend in Richtung Studium ist ungebrochen.
Was sich ändern muss, damit mehr junge Menschen eine Ausbildung im Handwerk starten, erläutert ZDH-Präsident Wollseifer im Magazin “HAND DRAUF”:
“Wir brauchen einen gesellschaftlichen Bewusstseinswandel hin zu mehr Wertschätzung des Handwerks und berufspraktischer Arbeit und damit einhergehend eine Bildungswende. Berufliche Bildung muss uns allen wieder mehr wert sein, sie muss auf Augenhöhe mit akademischer Bildung gefördert und finanziert werden”
ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer im Interview mit Laura Nodoph von “HAND DRAUF”
Wie kann man den Fachkräftemangel im Handwerk in Deutschland aktuell in Zahlen fassen und was bedeutet er schon jetzt für die Branche?
Fehlen Fachkräfte, sind kurzfristig längere Wartezeiten die Folge. Das ist für Kundinnen und Kunden nicht erfreulich, aber zumindest verschmerzbar. Gravierender sind langfristig die Folgen, wenn wir die Fachkräftelücke nicht schließen, die sich schon jetzt im Handwerk mit geschätzt rund 250.000 auftut. Haben wir künftig nicht genügend qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker, drohen nahezu alle wichtigen Zukunftsprojekte ausgebremst, schlimmstenfalls sogar nicht realisiert zu werden: sei es etwa beim Klimaschutz oder der Mobilitätswende.
Wie ist Ihre Zukunftsprognose für das Handwerk?
Die Bundesregierung hat sich viel vorgenommen. Wir stehen vor großen Aufgaben beim Klimaschutz, bei der Digitalisierung, bei der Modernisierung der Infrastruktur und im Wohnungsbau, bei ressourcenschonendem Leben und Arbeiten. All diese Aufgaben können nicht warten! Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass wir all das mit dem jetzigen Stamm an Beschäftigten nicht bewältigen können. Dafür brauchen wir mehr junge Menschen, die ihre eigene Zukunft und die unseres Landes tatkräftig in die Hände nehmen, kurzum: mehr Handwerkerinnen und Handwerker.
Welche Lösungswege aus dem Fachkräftemangel sehen Sie?
Wir brauchen einen gesellschaftlichen Bewusstseinswandel hin zu mehr Wertschätzung des Handwerks und berufspraktischer Arbeit und damit einhergehend eine Bildungswende. Berufliche Bildung muss uns allen wieder mehr wert sein, sie muss auf Augenhöhe mit akademischer Bildung gefördert und finanziert werden. Es ist für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes entscheidend, wieder mehr junge Menschen für das Handwerk zu gewinnen. Und die Argumente sind auf unserer Seite: Selten waren die Perspektiven mit einer handwerklichen Ausbildung so gut wie derzeit, was etwa Arbeitsplatzsicherheit oder Möglichkeiten zur Selbstständigkeit angeht.